Das Literarische Zentrum und der Literaturherbst veranstalten zum zweiten Mal die Göttinger Frühjahrslese. Vom 5. bis zum 7. April sind sieben Veranstaltungen im Literaturhaus und in der Sheddachhalle im Sartorius Quartier geplant. Es soll ein Lesefest werden: nicht nur für Literatur- und Kulturinteressierte, sondern auch für Familien und Sportbegeisterte.
Von Svenja Brand
Bild: Svenja Brand
Mehr Fest als Festival
»Wir feiern unseren zweiten Frühling«, erklärt Anna-Lena Markus vom Literarischen Zentrum gleich zu Beginn der Pressekonferenz am 13. Februar im Literaturhaus, bei der das Team des Literarischen Zentrums und das des Göttinger Literaturherbstes gemeinsam ihr Programm für die diesjährige Frühjahrslese vorstellen. Der zweite Frühling: nicht nur die Frühjahrslese findet in Göttingen zum zweiten Mal statt, die beiden Göttinger Literaturvermittler feiern auch das fast zweijährige Zusammenwohnen im Literaturhaus in der Nikolaistraße.
Während 2023 alle Veranstaltungen in der Sheddachhalle im Sartorius Quartier stattfanden, wird in diesem Jahr auch das Literaturhaus als Veranstaltungsort einbezogen. Etwas intimer könnten einige der Programmpunkte dort im Vergleich zur mehr Publikum fassenden Sheddachhalle gestaltet werden; insgesamt solle die Frühjahrslese mehr Feier von Literatur und gemeinsames Fest sein als großdimensionales Festival. Drei der sieben Veranstaltungen finden im Literaturhaus statt, vier im Sartorius Quartier.
Im Literaturhaus
Die Frühjahrslese eröffnet am 5. April Anne Rabe, die mit Steidl-Lektor Daniel Frisch über ihren für die Shortlist des Deutschen Buchpreises 2023 nominierten Roman spricht: Die Möglichkeit von Glück (Klett-Cotta 2023) behandelt das Aufwachsen von Protagonistin Stine zur Zeit der Wende, den Systemwechsel in der DDR und schmerzvolle Fragen nach intergenerationell nicht mehr geteilten Lebenswirklichkeiten.
Am Folgetag geht es mit dem gelernten Chemielaboranten, Journalisten und Schriftsteller Maxim Leo und Kulturjournalistin Andrea Schwyzer um ein folgenschweres Zukunftsszenario: In Leos Buch Wir werden jung sein (erscheint am 7. März bei KiWi) kehrt sich für die Teilnehmer:innen einer Medikamentenstudie der Alterungsprozess um – es stellt sich die Frage: Was passiert mit einer Gesellschaft, in der biologische Verjüngung plötzlich möglich ist?
Der Abschluss der Frühjahrslese im Literaturhaus wird feministisch: Sophia Fritz (deren Buch Toxische Weiblichkeit voraussichtlich am 18. März bei Hanser Berlin erscheint) und Stefanie Lohaus (die sich in Stärker als Wut (Suhrkamp 2023) mit der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des Feminismus auseinandersetzt) diskutieren am 7. April den Begriff ›toxische Weiblichkeit‹.
In der Sheddachhalle
Zeitgleich zur Eröffnung mit Anne Rabe im Literaturhaus findet in der Sheddachhalle im Sartorius Quartier ein Science Slam in Kooperation mit der Universität Göttingen statt: Wissenschaftsvermittlung in Kurzform mit hohem Unterhaltungsfaktor. Wie im Vorjahr moderiert Slammer Manuel Maidorn den Abend. Neu in diesem Jahr: Der Science Slam während der Frühjahrslese ist offizielle Vorrunde des Science Slams auf der IdeenExpo in Hannover.
Am Samstagnachmittag präsentiert Anke Engelke ihr erstes Kinderbuch in Reimen: Die neue Häschenschule aktualisiert die 100-jährige Vorlage unter den Vorzeichen der Gegenwart und neuer Freundschaft. So stellt weniger der – nun vegane – Fuchs eine Gefahr für die Hasen dar als vielmehr der Mensch und sein Umgang mit der Natur. Auch Mareike Ammersken, die Illustratorin der Neuen Häschenschule, ist mit dabei.
Am Samstagabend wird es sportlich – zumindest thematisch: Ex-Profitennisspielerin Andrea Petković, mittlerweile auch als Moderatorin und Schriftstellerin bekannt, stellt ihr zweites Buch Zeit, sich aus dem Staub zu machen (erscheint am 7. März bei KiWi) vor. Im Gespräch mit Fernsehmoderatorin Okka Gundel geht es um den großen Umbruch in Petkovićs Leben, den Ausstieg aus dem Profisport.
Mit Rafik Schami endet das Frühjahrslese-Fest als Fest des Erzählens: Wenn du erzählst, erblüht die Wüste, heißt Schamis 2023 bei Hanser erschienener Roman. Im Zentrum steht eine leidtragende Prinzessin, der zu ihrer Heilung an zehn Abenden Geschichten über das Leben erzählt werden. Es geht um die Magie von Worten und die Macht des mündlichen Erzählens – im Roman genauso wie bei Schamis Lesung aus seinem Roman.
Verstetigung der Frühjahrslese?
Im Anschluss an die Programmvorstellung wird gefragt, ob die Frühjahrslese als Reihe verstetigt werden solle. Unter Verweis auf aktuelle Tendenzen im Kulturbereich heißt es: Man wolle von Jahr zu Jahr schauen, was möglich sei. Die Frühjahrslese stünde in dieser Hinsicht symbolisch für den Literaturbetrieb als solchen. Verstärkt müssten gegenwärtig – gerade auch mit Blick auf nicht feststehende Haushaltspläne und Budgetkürzungen der Bundesregierung im Kulturbereich – Institutionen zusammenarbeiten, Partner:innen gewonnen werden; es sei notwendig, eine »kürzere Sicht auf die Dinge« einzuführen, wie Literaturherbst-Geschäftsführer Johannes-Peter Herberhold meint. Was aber spürbar wird: die Begeisterung für Literatur und ihre Vermittlung ist groß im Literaturhaus. Und schließlich gebe es ja auch zwei Buchmessen, warum also nicht auch zwei Literaturfeste, eins im Herbst, eins im Frühling?
Ticketerwerb
Wer in diesem Frühjahr das Lesefest mitfeiern möchte, kann Tickets an folgenden Stellen erwerben: Im Literaturhaus selbst ist passend zum zweiten Frühling der Ticketverkauf am Valentinstag gestartet. Dort können von Montag bis Freitag von 10–13:00 Uhr und mittwochs von 15–18:00 Uhr Karten vor Ort in der Nikolaistraße 22 erworben werden. Online gibt es Tickets auf den Webseiten des Literaturhauses, des Literarischen Zentrums oder des Literaturherbstes sowie bei allen an Reservix angeschlossenen Vorverkaufsstellen.
Freien Eintritt haben mit dem Kulturticket alle Studierenden der Georg-August-Universität und der Privaten Hochschule Göttingen, sofern an der Abendkasse noch Plätze vorhanden sind.