Caveman – sexistisch oder feministisch?

Die neue Komödie Caveman verspricht einen lustigen Ausflug ins Kino. Doch der Film bekommt harsche Kritik – woran das liegt und was man aus dem Film machen kann, ist eine Erkundung wert.

Von Malena Hager

Bild: Via Pixabay, CC0

Beim Titel der Komödie Caveman bimmeln die Alarmglocken: Denn beruht unser Bild des Höhlenmannes als Jäger und der Höhlenfrau als Sammlerin nicht auf einer sexistische Weltanschauung, die mit der Realität wenig zu tun hat? Vor 30 Jahren konnte man mit sexistischen Witzen leider noch ziemlich gut punkten. Der Film basiert nämlich auf einer amerikanischen One-Man-Show, die 1991 unter dem Namen Defending the Caveman erschien. Nun stellt sich also die Frage: Warum erscheint 2023 in Deutschland ein Film, in dem es um die »unmögliche Kommunikation zwischen Männern und Frauen« geht?

Seit er klein war, wollte Robert Müller (Moritz Bleibtreu) »Witzeerzähler« werden, von seinem Vater wurde er aber in einen »männlicheren« Beruf gedrängt. Nun bekommt Robert die Chance, in einem Comedy Club sein Talent zu beweisen. Dort erzählt er von den Schwierigkeiten zwischen ihm und seiner Frau. Der Film zeigt, wie eine Beziehung in die Brüche geht, wenn einer der Partner:innen in eine Geschlechterrolle gedrängt wird, die nicht der Realität entspricht. Der:die Zuschauer:in darf mit ansehen, wie einem Mann klar wird, wie verdreht, realitätsfern und vor allem albern seine stereotypischen Ansichten sind. Darum geht es im weitesten Sinne auch in Roberts Stand-Up-Show, die als Leitfaden der Geschichte dient. Zu Beginn dieser Show versucht Robert, das Publikum mit billigen Witzen über die angeblich unterschiedliche Sprache der Männer und Frauen abzuholen – die gar nicht gut ankommen. Stück für Stück lernt ihn das Publikum jedoch wieder lieben.

Die Botschaft der Regisseurin

Der Film ist jedoch komplexer, als es zunächst erscheinen mag – so lässt er sich sowohl als sexistisch als auch feministisch lesen. Einige Szenen zeigen Sexismus als die verdrehte Sichtweise des Protagonisten Robert Müller, der im Laufe des Films aus seiner stereotypisierten Geschlechterrolle auszubrechen versucht. Sexismus muss als Teil der Geschichte verstanden werden, nicht als Botschaft der Regisseurin Laura Lackmann. Der Sinn besteht nicht darin, die Zuschauer darüber zum Lachen zu bringen, wie wahr diese Stereotype doch sind, sondern darüber, wie albern sie sind. Dabei ist nicht auszuschließen, dass der:die Zuschauer:in sich mit Robert identifiziert, wenn dem so ist, kann er:sie möglicherweise von seiner Entwicklung lernen. Auf der anderen Seite ist es leider nicht unrealistisch, davon auszugehen, dass Menschen, die nicht bereit dazu sind, ihr Frauenbild aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten, mit einer Bestätigung ihrer ursprünglichen Ansichten das Kino verlassen.

Robert versucht, sich in die Rolle einer Frau hineinzuversetzen. Er begibt sich also in einen Laden und macht das etwas verstörende Geständnis: »Ich bin Robert Müller, und ich kann nicht shoppen.« Den Zuschauer:innen wird hoffentlich klar, dass er offensichtlich noch viel Arbeit vor sich hat, wenn er Frauen auch nur im Ansatz verstehen will – denn zu denken, man könne Frauen ausgerechnet durchs Shoppen besser verstehen, ist ganz klar ein sexistischer Fehlschluss. Seine Frau Claudia (Laura Tonke) reagiert dann auch erwartbar. Doch genau in diesem Moment geht Robert einen Schritt weiter. Er gesteht öffentlich, dass ihm klar geworden ist: Er ist es, der sich emanzipieren muss! Diese Szene zeigt uns, dass Robert sich langsam aus der Rolle des kruden Neandertalers befreit.

Eine typisch deutsche Komödie?

Ebenfalls auffällig ist, dass der Film gut in die Kategorie der »Deutschen Komödie« passt. Im Humor vergleichbar mit Filmen wie »Das perfekte Geheimnis« oder »High Society« hat dieser Film eine Leichtigkeit an sich, die trotz der Schwere des unterliegenden Themas unbestreitbar ist. Komikerin Martina Hill bringt denselben Enthusiasmus in ihre Rolle als Nina wie in der beliebten Serie »Knallerfrauen« und sorgt mühelos für Lacher im Kinosaal. Moritz Bleibtreu zeigt in seiner Rolle, dass er die Zuschauer:innen am Ball halten und unterhalten kann, in ernsten wie auch in humorvollen Szenen. Zum Ende des Films setzt er erfolgreich seine Macho-Maske ab und zeigt sich zur Abwechslung von der verletzlichen Seite, so verleiht er seiner Rolle trotz Humor eine Tiefgründigkeit, die über eine stumpfe Komödie hinausgeht und einen ermutigenden Effekt erzielt.

Darüber hinaus interessant ist die Metaebene des Films. Die Hauptrolle richtet sich an das Publikum im Comedy Club. Währenddessen werden die Zuschauer:innen im Kino in die Szenen, von denen er erzählt, hineingeworfen. Robert wendet sich wiederholt an die Kamera und erweckt auf diese Weise beim Publikum im Kino den Eindruck, dass es sich im Comedy Club und somit auch in der Geschichte befindet. Außerdem auffällig ist die Auswahl an Effekten, die recht oberflächlich wirken. Wenn Claudia beim Shoppen ein hübsches Kleidungsstück entdeckt, vergrößern sich ihre Augen und wenn sie sich aufregt, wird sie ganz rot und sieht struppig aus. Diese Effekte erinnern fast an einen Comic und führen den Zuschauer:innen ganz deutlich die Ironie der im wahrsten Sinne des Wortes »verdrehten Sichtweise« von Robert vor Augen.

Unzeitgemäßer Humor?

Auch kann im Film über den Kontrast zwischen Nina (Martina Hill) als unterstützende Freundin von Claudia und Roberts bestem Freund Hoffmann (Wotan Wilke Möhring) gelacht werden. Ninas Hilfe erinnert fast an die einer ausgebildeten Therapeutin, während Hoffmann Robert auf die Couch setzt, ihm Chips anbietet und mit ihm zockt, um bloß das Reden zu vermeiden. Was für ein Klischee. Doch in dem Moment, in dem sein Kumpel sich an ihn wendet, um ihn über seine Kindheit zu befragen, wird Robert in seiner einfältigen Denkweise entlarvt. Offenbar stört es Robert sehr, dass Hoffmann über Gefühle sprechen will, er spricht doch eindeutig »die Sprache der Frauen«. Nun sollte für den:die Zuschauer:in klar sein, dass Hoffmanns Bedürfnis zu reden ein menschliches, kein »weibliches« ist. So zeigt die Szene, dass Männer ihre Gefühle nicht für sich behalten, weil sie keine haben, sondern weil ihnen kein Raum dafür gegeben wird.

Macht die stereotypische Abbildung von Geschlechterrollen diesen Film unzeitgemäß, oder steckt vielleicht doch feministischer Humor dahinter? Sexismus ist erstmal nichts Unzeitgemäßes; er ist in jeder Zeit unangemessen. Wer also sagt, dass dies »vor 30 Jahren vielleicht noch lustig gewesen wäre«, hat nicht verstanden, dass das, was heute unangebracht ist, es damals auch schon war. Aber ist dieser Film überhaupt sexistisch? Die Botschaft dieses Films ist ganz klar eine feministische, zu diesem Schluss kommt sogar Robert: »Wir Männer müssen uns dringend emanzipieren.« Dennoch ist es nicht unangebracht sich zu fragen, ob diese Art der Vermittlung durch altbekannte Stereotype nicht ein wenig zu oberflächlich und tatsächlich veraltet ist. Zweifellos kann es aber gut tun, eine männliche Rolle dabei zu beobachten, wie sie sich entwickelt und anfängt zu verstehen, worum es beim Feminismus geht, auch wenn Robert noch einen langen Weg vor sich hat. Wer also Lust auf eine leichte Komödie hat, in der er:sie über die Lächerlichkeit der unterschwelligen geschlechtsspezifischen Vorurteile in der Gesellschaft lachen kann, wird mit Caveman einen spaßigen Abend haben.

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3 Comments

  1. says: Kirsten

    Artikel ist gut geschrieben und lässt einem die Wahl. Habe ich Lust auf den Film ? Eher nein. Ist nicht meine Art von Kino Erlebnis, eine story, die mich nicht triggert. Deutsche Komödien – und dann mit dem Thema – sind mir grösstenteils zu banal , unspannend und flachwitzig. Da geh ich lieber “zum lachen in den Keller” so verstehe ich auch den Artikel…? ?Kirsten

    1. says: Malena

      Danke für die Frage. Der Artikel ist dazu gedacht, die Frage in den Raum zu werfen, was dieser Film nicht nur aussagen will, sondern auch was er tatsächlich aussagt. Er soll außerdem davor warnen, den Film nicht als Bestätigung sexistischer Ansichten zu betrachten, denn dies würde meiner Ansicht nach der Botschaft des Films widersprechen. Persönlich habe ich den Film als sehr ironisch empfunden, wer das nicht versteht sollte ihn besser nicht anschauen.

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