Brave New Work

Die gute alte Maloche ist nicht mehr. Aber hat es sie so je gegeben? Das aktuelle Heft mit dem Schwerpunkt Arbeit und Literatur der Zeitschrift Arbeit – Bewegung – Geschichte fragt, was eine sich wandelnde Arbeitswelt mit den Ideen der Arbeiter*innen von sich selbst und ihrer Zukunft macht.

Von Stefan Walfort

Bild: Via Wikipedia, gemeinfrei

»Acht Männer hatte das Gebirge eingeschlossen, fünf konnten nach drei Stunden geborgen werden, verletzt, aber sonst wohlauf. Die Bergungsarbeit für die anderen drei Männer währte Stunden. Endlich, gegen elf Uhr mittags, wurden auch sie gefunden – tot. Es war weiter nicht viel passiert. Ein Unglück – fünf Überlebende, drei Tote; es war also noch einmal gutgegangen.« Gutgegangen? Was die Erzählinstanz aus Max von der Grüns Kurzgeschichte Der Betriebsrat anlässlich eines Grubenunglücks behauptet, klingt für unsere Ohren zynisch. Für die fiktiven Bergarbeiter und die Angehörigen gehört es zur Normalität, dass jemand von den Kumpels verschüttet wird. Arbeitsschutz und entsprechende Gesetze? Nie gehört. Solidarität untereinander? Fehlanzeige!

Knappe acht Seiten folgen die Leser*innen dem Betriebsrat Brinkhoff bei seinem Gang zur Familie eines Verunglückten. Er soll die Todesnachricht überbringen. Richtig einzufühlen vermag er sich nicht. Vielmehr treibt ihn ein anderes, wichtigeres Problem um: ein Fußballspiel. Dank des anstehenden Gesprächs könnte er es verpassen. »Ob der Uwe mitspielt?« – x-fach wiederholt steht die bohrende Frage, die uns eine Innensicht auf Brinkhoff erlaubt und ein schnelles Urteil über seinen Charakter, pars pro toto für eine Kaltherzigkeit, von der das gesamte Milieu geprägt scheint. Von der Grün maximiert damit Kritikpotenzial; den Leser*innen bleibt gar nichts übrig, als empört zu reagieren.

Von der Grün, so erfährt man in der Zeitschrift Arbeit – Bewegung – Geschichte durch Janneke Eggert vom Fritz-Hüser-Institut Dortmund, war Mitbegründer der »›Dortmunder Gruppe 61‹, eine[s] Zusammenschluss[es] von Schriftsteller*innen, die es sich zur Aufgabe machten, sich künstlerisch mit der industriellen Arbeitswelt auseinanderzusetzen«. Die Schattenseiten jener industriellen Arbeitswelt reflektieren diverse Beiträge der Zeitschrift. Ihre Verfasser*innen lassen sich innerhalb eines internationalen, interdisziplinär aufgestellten Forschungszweigs verorten, den sie Working-Class Studies nennen.

Deren Ziel sei es, »Forschungen zur Arbeiterklasse in ihrer gesamten Breite und Diversität« vorzunehmen; dabei verfolge man einen intersektionalen Ansatz, wie Scott Henkel, Anglistik-Professor an der University of Wyoming, verrät: Eins der Haupterkenntnisinteressen sei es, »wie Klasse mit Kategorien wie Rasse, Gender und Sexualität verschränkt ist«.1Den Terminus Race verwenden Intersektionalitätstheorien für gewöhnlich anders als den Rassen-Begriff im Deutschen und plädieren für einen entsprechend reflektierten Umgang damit. So heißt es bspw. bei Katrin Meyer: »Race bezeichnet in den USA eine soziale Gruppenzugehörigkeit und ist eine offizielle staatliche Klassifikationskategorie. Die Zugehörigkeit nach Race wird entlang von Bevölkerungsgruppen organisiert und bildet die Grundlage staatlicher Antidiskriminierungspolitiken wie auch politischer Bürgerrechtsbewegungen. Diese positive oder zumindest neutrale Konnotation von Race ist im Deutschen undenkbar, in dem der Begriff ›Rasse‹ von seiner rassistischen Determination nicht zu trennen ist.« (Meyer, Katrin: Theorien der Intersektionalität zur Einführung. Hamburg 2017, S. 16.). Henkel stellt die 2005 aus der Taufe gehobene Working-Class Studies Association (WCSA) vor und skizziert knapp die Geschichte der Disziplin: »Das Forschungsfeld der Working-Class Studies entstand erst Mitte der 1990er Jahre und zentrierte sich um das ›Center for Working-Class Studies‹ an der Youngstown State University (Ohio), das 1996 gegründet worden war und gemeinsam von Sherry Linkon und John Russo geleitet wurde.«

Unbeständigkeit und Angst

Linkon selbst erörtert in einem Aufsatz (aus dem Englischen übersetzt) unter dem Titel Strukturwandel erzählen – Arbeiterliteratur nach der Deindustrialisierung, welchen Spannungsfeldern belletristische Literatur aus den Vereinigten Staaten über Arbeiter*innenmilieus gegenwärtig Rechnung trägt: Industriearbeit, ein klassisches Thema, verliert seine Relevanz. Stattdessen verdingt sich ein neues Diensteistungsproletariat in miserabel entlohnten Jobs. Das führt zu Orientierungsverlust bzw. zu Bedarf nach neuer Orientierung, weil, so Linkon, »Industriearbeit […] auch Identitäten und Beziehungen produzierte«.

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Förderverein für Forschungen zur Geschichte der Arbeiterbewegung e. V. (Hg.)
Arbeit – Bewegung – Geschichte

Metropol Verlag: Berlin 2020
214 Seiten, 14,00 €

Linkon verdeutlicht das unter anderem an Dean Bakopolous’ Novellensammlung Please Don’t Come Back from the Moon. Darin gebe es einen Erzähler namens Mike. Er sei prekär in einer Mall beschäftigt. Seinen Freunden gehe es ähnlich; ihre Jobs empfinden sie als wertlos im Vergleich zur Industriearbeit, die ihnen als Teil des Familiengedächtnisses noch im Bewusstsein präsent ist. Daraus resultierend machen sich die Figuren ein Bild von »einer als heroisch imaginierten Arbeiterbewegungsgeschichte« – ein Zerrbild, wie Linkon problematisiert: »Arbeitsplätze in Fabriken« seien »ökonomisch niemals so sicher [gewesen], wie sie in der Erinnerung wirkten«. Außerdem habe es sich um »Tag für Tag harte und gefährliche Arbeiten« gehandelt.

Dennoch böten Bücher wie diejenigen Bakopolous’, in denen »die imaginierte vergangene Arbeit eine Kritik der Arbeit in der New Economy« augenfällig werden lässt, einiges an Identifikationspotenzial. Folgen der neuen Prekarisierung, die Linkon anspricht, sind nicht nur in den USA unübersehbar. Auch in Deutschland 15 Jahre nach Einführung der Hartz-IV-Gesetze ist Ähnliches zu konstatieren: eine Unbeständigkeit, die den Arbeitsmarkt charakterisiert, Angst davor, selbst mieseste Ausbeutungsverhältnisse zu verlieren – aufgrund existenzieller Not und weil das Selbstwertgefühl abhanden käme. Infolgedessen fehlt es an  Mumm, sich zu organisieren und in Arbeitskämpfen etwas zu riskieren.

Verletzter Stolz

Den Verlust von Arbeit oder die Drohung des Verlusts identifiziert Linkon in einigen seiner vorgestellten Werke regelrecht als Bedingung für die Reflexion über Arbeit. Die Literatur Lolita Hernandezʼ beispielsweise »ergründet […] die physische Natur des Jobs, der Interaktionen und Verbindungen zwischen Arbeitern – Frauen und Männer, hauptsächlich schwarz, und Latinos oder Latinas – und der Verbindung von Sorgen, Stolz und Unsicherheit, die Arbeiterinnen und Arbeiter fühlen, wenn sie verdrängt werden.« Andere Bücher kommen ganz ohne die Erinnerung an überkommende Formen von Arbeit aus, richten sich nur auf das Hier und Heute. Linkon nennt Jeanne Bryners Lyrik über die Pflegebranche und Timothy Sheards Prosa, in der es ebenfalls um Missstände im Gesundheitssektor geht. Daraus ergibt sich wiederum eine Anschlussfähigkeit an Konflikte, die auch in Deutschland Thema sind, denkt man zum Beispiel an Bettpfannenapplaus für Pfleger*innen zu Beginn der Corona-Krise als kümmerliche Kompensation für anhaltend ausbleibende Lohnerhöhungen.

Zuweilen scheint es sich bei den Figuren, auf die Linkon eingeht, um tragikomische zu handeln, so auch bei der Hauptfigur aus Stewart Oʼ Nans Last Night at the Red Lobster: Ein Angestellter eines Restaurants »bezieht Stolz aus seiner Arbeit und fängt an, das Restaurant als sein eigenes zu betrachten, weshalb der Brief, der ihn darüber informiert, dass der Konzern sein Restaurant schließen möchte, sich wie ein Betrug anfühlt. Trotzdem besteht er darauf, die Konzernpolitik zu vertreten, und versucht, während eines Schneesturms anweisungsgemäß den Laden zu öffnen, um einen weiteren Tag gut zu verdienen.« Verletzter Stolz, der Hauptauslöser tragikomischen Verhaltens, ist ein Motiv, das in Linkons Aufsatz eine herausragende Rolle spielt. Seine Auseinandersetzung damit veranlasst ihn zu einem pessimistischen Fazit: Es gebe mittlerweile »weniger Möglichkeiten, Klassenbewusstsein und Solidarität zu entwickeln, selbst wenn Arbeiterinnen und Arbeiter weiterhin Bedeutung in ihrer Arbeit suchen«. Auch halte die Literatur mit den »kontingenteren prekären Arbeitsverhältnisse[n] […], die in der heutigen Wirtschaft immer weiter an Boden gewinnen«, nicht recht Schritt.

Eribon als Verächter der Arbeiter*innen?

Die Kehrseite verletzten Stolzes ist Scham, das große Thema in Didier Eribons Rückkehr nach Reims, erstmals 2009 im Französischen erschienen. Als das Buch 2016 seinen Weg in die deutschen Buchläden fand, erlangte Eribon die Aufmerksamkeit einer breiten Feuilletonlandschaft. Pierre-Héli Monot, Amerikanist an der LMU, hat darüber einen interessanten und zugleich den wohl kontroverstesten Beitrag in Arbeit – Bewegung – Geschichte verfasst.

Eribon schreibt in dem Buch über seine Herkunft aus dem Arbeitermilieu und sein Ankommen im akademischen Kosmos: »Die permanenten verbalen Scharmützel, die hysterischen Anfälle, der vor den Augen von uns Kindern ausgelebte Ehewahnsinn dürfte zu meinem Entschluss, aus dieser Familie zu fliehen, seinen Teil beigetragen haben.« Vieles, was Eribon darüber schreibt, bestätigt Bourdieus bekannte Theorien darüber, wie wichtig unterschiedliche Kapitalsorten sind, um sich überhaupt in sozialen Feldern (neu) positionieren zu können. Was dagegen für Aufregung sorgte: Eribon versucht, eine Affinität französischer Arbeiter*innen zum Front National mit dem Versagen linker und progressiver Kräfte zu erklären. Dementsprechend stuft Monot das Buch als Teil einer »linksreaktionären Arbeiterliteratur« ein. Monots Hauptvorwurf: Eribon verachte sein Herkunftsmilieu. Pauschal stelle er Arbeiter*innen als homophob und rassistisch dar. Monot nennt Eribon – sehr passend – in einem Atemzug mit Édouard Louis und Geoffroy de Lagasnerie und gelangt zu dem Schluss, dass sie den Arbeiter*innen eine Hauptschuld an ihrer Armut zuschanzen und »strukturelle Ungleichheiten« verkennen. Doch woher nimmt Monot bei Eribon das Material für letzteren Befund?

Wenn Eribon auf das Schulsystem und die dort schon früh auf Kinder ausgeübte, prägende »Macht der sozialen Ordnung« zu sprechen kommt, ist das an Klarheit kaum zu übertreffen. Stetig greift Eribon darauf zurück, beklagt, dass schon früh durch »Reproduktionsmechanik[en]« soziale Disparitäten in Stein gemeißelt werden, kritisiert schwerwiegende Folgen von »Bildungshierarchien und Selektionsmechanismen«, prangert die »Gewalt der sozialen Welt«, sprich Ungleichheitsstrukturen, an. Seinem Resümee zufolge gelte es »Diskurse und Theorien […] zu entwickeln, die es uns gestatten, keinen Aspekt zu vernachlässigen, keinen Bereich und kein Register der Unterdrückung aus dem Feld der Wahrnehmung und Handlung auszuschließen«.

Dabei spielt er keineswegs, wie Monot behauptet, »einen Klassendeterminismus gegen einen Sexualitätsdeterminismus«2Ein wichtiges Thema in Rückkehr nach Reims bilden Erfahrungen Eribons mit der Gewalt allgegenwärtiger Homophobie, beispielsweise beschreibt er die Stadt Reims, in der er aufwuchs, als »Stadt der Beleidigung«, da es dort permanent zu homophoben Attacken auf ihn gekommen sei. aus. Vielmehr versucht Eribon, beide zusammenzudenken. Auch relativiert er hier, im Zuge seiner Synthese, vorherige Seitenhiebe gegen marxistische, maoistische und trotzkistische Organisationen und den »Freudomarxismus«. Monot verschleiert das, indem er Eribon verkürzt und dadurch sinnentstellend zitiert, um ihn generell als Gegner marxistischer Ideen vorführen zu können. Zum Beweis für Monots Behauptungen herhaltende Passagen sind regelmäßig nicht von so eindeutiger Lesart in seinem Sinn, wie er nahezulegen sucht.

Rückkehr nach Reims ist in erster Linie ein Buch darüber, wie ein Habitustransformationsprozess als ein, so Eribon, »gewaltsam[er]« Prozess jemanden in schwer auszuhaltende Ambivalenzen verwickelt. Monot wird dem nicht gerecht. Wer Eribons Gesellschaft als Urteil hinzuzieht, besonders das Kapitel Klassenkampf, kann gar zu der Einsicht gelangen, dass überhaupt viel Widerstreitendes zu dem, was Monot unterstellt, das Denken Eribons strukturiert.

Die Macht der Inszenierung

Neben Belletristik und Sachbüchern sind in Arbeit – Bewegung – Geschichte auch Filme über Arbeiter*innen Analysegegenstand. Kathy M. Newman, Visual Media-Expertin in Pittsburgh, gibt unter dem Titel Der Plot der Arbeiter – Einhundert Jahre Klassenkampf auf der Leinwand Aufschluss über eine dialektische Beziehung von Film und Arbeiter*innen: Letztere seien die Hauptzielgruppe und Filmschaffende darauf angewiesen, zu antizipieren, was diese Zielgruppe umtreibt. »Paradoxerweise folgt daraus, dass erfolgreiche Filme die Identifikationsbereitschaft eines Teils ihres Publikums bedienen müssen, obwohl Kapitalisten, die die Arbeiterklasse oder deren Selbstbild verachten (oder fürchten) mögen, an der Spitze der Filmindustrie stehen«. Die Erzeugnisse sind mal mehr, mal weniger als gelungen zu bewerten, wie Newman an Beispielen vom späten 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart zeigt.

Newman betont dabei, welche Macht in den Händen der Filmemacher3Die Schreibweise ohne Genderasterisk folgt der Tatsache, dass unter den Regisseuren, die Newman nennt, eine ungebrochene Männerdominanz auffällt. liegt: Hollywood-Produktionen hätten »Streikende als Mob« inszeniert, »Gewerkschaften als Gangs und […] den Klassenkampf mit häuslichen sexuellen Übergriffen« verknüpft. In der McCarthy-Ära habe Zensur viel an progressiven Produktionen verhindert. Filmgenres wie Gangsterfilme, Heist-Komödien, romantische Komödien und High-School-Dramen hätten Arbeiter*innen in der Regel stereotyp dargestellt. Forscher*innen der Working-Class Studies wollten wenig davon wissen; normative Vorstellungen, »wie Arbeiterklassenfilme aussehen sollten«, hätten einen Zugang dazu verhindert. Newman veranlassen ihre Befunde zu einem Plädoyer für mehr Deskriptiviät.

Am besten seien Arbeiter*innen in linken Dokumentarfilmen weggekommen, und überhaupt gebe es »Dutzende, möglicherweise Hunderte Filme, die ernsthafte Fragen über die Struktur der Ökonomie stellen, inklusive der Frage, wer durch sie profitiert und wer verliert.« Als einen der bekanntesten macht Newman den Charlie Chaplin-Film <em>Modern Times</em> aus. Auch in manchen Kinderfilmen kann sie über Gut- vs. Böse-Schemata funktionierende Kapitalismuskritik erkennen. Newmans Aufsatz geht darüber hinaus noch intensiver auf Stärken und Schwächen mancher Filmgenres in puncto Frauenemanzipation sowie bezüglich des Verhältnisses von Film und Migration ein, als es in der vorliegenden Rezension reflektiert werden könnte und bietet damit Anknüpfungspunkte für eine intersektionale Perspektive auf die Narrative, die Filme popularisieren.

Florence S. Boss, Professorin an der University of Iowa legt überdies in einem Beitrag über Literatur viktorianischer Arbeiten dar, wie oftmals das Fehlen eines »Namen[s], der die Verkäufe beförderte, oder d[er] Ressourcen für Selbstpublikationen« für Nichtbeachtung sorgte. Boss setzt dem Vergessen dreier Autorinnen, Mary Ann Ashford, Janet Greenfield Barthgate und Mary Smith, eine Würdigung »unterschiedlicher Stile und Absichten« entsprechend voneinander abweichender Herkunft entgegen.

Einzelkämpfer*innen

Neben ausführlichen Aufsätzen von Pi mal Daumen zwanzig Seiten gibt es in der Arbeit – Bewegung – Geschichte auch kürzere Beiträge, zum Beispiel Kurzberichte über Tagungen, einen Rezensionsteil mit insgesamt 20 Besprechungen und ein Interview von Patrick Eiden-Offe, Gastprofessor in Bochum und Autor der Monografie Die Poesie der Klasse. Romantischer Antikapitalismus und die Erfindung des Proletariats, mit Anke Stelling, Trägerin des Preises der Leipziger Buchmesse von 2019 für den Roman Schäfchen im Trockenen.

Übergreifendes Anliegen aller Autor*innen sei es, so David Bebnowski, Doktorand am Leibnitz-Zentrum für Zeithistorische Forschung und Mitherausgeber der Zeitschrift, »einen Einblick in die historische Verhandlung von Arbeit in der Literatur zu geben. Dabei geht es explizit darum, sich der Arbeit und der Arbeiterklasse aus der Perspektive jenseits der organisierten Arbeiterbewegung zu nähern«. Die von Linkon angeführten Beispiele zeigen eher stark vereinzelte Individuen und wie sie in die Mühlen einer Maschinerie geraten, aus der sie keinen Ausweg finden. Kraft aus Organisation zu schöpfen liegt ihnen aus genannten Gründen fern. An sich verwirklicht die Literatur damit bereits Realitätspostulate, an denen es Filmen – Newman zufolge – noch mangele.

Was noch fehlte, wäre festzuhalten, was all die Individuen eint(e) – ob real existierende Personen oder deren fiktionale Abbilder in Literatur und Film: Der Wille, sich zu behaupten und seinen Stolz zu retten, ließe sich bei vielen als kleinster gemeinsamer Nenner identifizieren. Aber genügt das, um daraus neue Stärke zu schöpfen und einen Willen, sich zusammenzuschließen? Auf einen Georg Weerth-Text referierend sieht Eiden-Offe in »der Kraft des Verlusts« etwas, »was in den Leuten ihr Klassenbewusstsein wachküsst«. Die Frage ließe sich demnach bejahen. Blickt man jedoch auf Figuren, wie Linkon sie schildert und fragt, ob dergleichen auch über das 19. Jahrhundert hinaus bis in die Gegenwart gelte, so kann man seine Zweifel haben.

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