Ausgezeichnet!

Litlog wurde am 5. Februar in einer von zwei Kategorien mit dem Lehrpreis der Universität ausgezeichnet, insbesondere für unseren Interview-Workshop gemeinsam mit der Journalistin Anne Backhaus. Hätten wir eine Preisrede halten können, hätte sie ungefähr so ausgesehen.

Von der Litlog-Redaktion

Bild: Universität Göttingen/Peter Heller

Liebe Leser:innen,

zunächst möchten wir uns herzlich bei der Universität, der Jury und allen Studierenden, die uns nominiert haben, für diese Auszeichnung bedanken. Gerade als Projekt außerhalb der verpflichtenden Fachcurricula, wie es Litlog ist, bedeutet uns das sehr viel. Wir wurden nicht nur, sondern fühlen uns auch geehrt! Vor allem müssen und möchten wir uns bei allen Menschen bedanken, durch deren stetige und meist ehrenamtliche Arbeit Litlog sich überhaupt so lange an der Philosophischen Fakultät halten konnte.

Denn auch wenn sich bei der Preisverleihung ein scheinbar loser Haufen Menschen den Platz auf der Bühne teilt, um diesen Preis entgegenzunehmen, steht dieser Haufen nur stellvertretend für eine ganze Menge Studierender und Mitarbeitender der Universität, die sich im Laufe der Zeit für Litlog engagiert haben. Sie haben Artikel geschrieben, Texte redigiert und diskutiert, sich spannende Reihen ausgedacht, Social Media bespielt, sich immer wieder um die wackelige Finanzierung des Projekts gesorgt und vieles mehr. Wir sprechen hier als Herausgeber:innen und Redaktionsmitglieder, die das Kerngeschäft Litlogs führen und als Studierende verschiedener Fächer regelmäßig zusammenkommen, miteinander Ideen entwickeln, an Texten feilen und unser geschätztes Litlog seit mittlerweile fünfzehn Jahren nicht nur am Leben erhalten, sondern es täglich mit ebenjenem füllen.

Als Herausgeber:innen und/oder Redaktionsmitglieder waren seit Projektbeginn mehr als fünfzig Menschen dabei, die Zahl unserer Autor:innen beläuft sich auf ungefähr fünfhundert. Alle zusammen haben rund 1500 Artikel, teils auf Deutsch, teils auf Englisch geschrieben. Neben dem permanenten Angebot, die Artikel online zu lesen oder sich selbst kulturjournalistisch auszuprobieren, gibt es auch diverse offline stattfindende Veranstaltungen bei Litlog: Regelmäßige Redaktionssitzungen, die Betreuung von zwei Praktikant:innenplätzen, offene Treffen für Reihen oder Kolumnen und O-Phasen-Vorstellungen. Im Sommer des letzten Jahres fand über Litlog ein Interview-Workshop mit der großartigen Journalistin Anne Backhaus statt  – insbesondere dieses Format wurde in der Begründung für die Preisverleihung hervorgehoben. Wir widmen diese Auszeichnung deshalb all den zuvor genannten Menschen und sagen: Ohne euch gäbe es Litlog nicht.

It’s not easy having a good time

Der Preis bedeutet uns auch deshalb so viel, weil Litlog in der Vergangenheit schon einige Kämpfe ausfechten musste, um überhaupt weiter existieren zu können. Worum es da ging? Wie es sich für’s Feuilleton gehört, haben wir darüber geschrieben. 2019 gab es eine Rettungsaktion, weil die Finanzierung von Litlog ungeklärt war. Im Moment ist das Projekt finanziell mit etwas mehr als einer halben Stelle für die nächsten zweieinhalb Jahre ›gesichert‹. Jörg Wesche, Professor für Neuere Deutsche Literatur und Digital Humanities, hat Mittel für eine mehrjährige Perspektive zur Verfügung gestellt. Außerdem schießen verschiedene Fächer der Philosophischen Fakultät Beträge zu. Wie es langfristig weitergeht, ist unklar. Auch hier wird deutlich: Ohne die ehrenamtliche Redaktion, Kooperationen mit Seminaren und den vielen Studierenden, die auf Litlog aufmerksam werden und Texte beitragen, würde unsere Arbeit nicht funktionieren. Und natürlich auch nicht ohne die Lesenden der Artikel!

Litlogs prekärer Status ist kein Einzelphänomen. Wir können uns in eine lange Liste gefährdeter Projekte und sogar ganzer Studiengänge einreihen, die in den letzten Jahren entweder gestrichen wurden oder mit deutlich knapperem Budget auskommen müssen. Über die Gründe dieser Entwicklung ließe sich viel schreiben, wir sehen sie letztlich vor allem in einer niedersächsischen Bildungspolitik, die den Universitäten Jahr um Jahr die Mittel gekürzt hat und damit in einem System, das augenscheinlich wenig Wertschätzung für gute Bildung übrighat. Was daran so ärgerlich ist: Betroffen sind just die Angebote, die unsere Universität besonders studierenswert machen, die über das standardmäßige Studienangebot hinausgehen und Studierenden ermöglichen, mehr an der Universität zu erlangen als einen formalen Bildungsabschluss. Genau diese Möglichkeit bietet auch Litlog. Wir möchten also die Gelegenheit nutzen und uns etwas wünschen.

Don’t dream it, be it

Wir wünschen uns, dass Bildung stabil und langfristig finanziert wird. Und wir wünschen uns die Anerkennung eines Verständnisses von Bildung, das sich nicht im exemplarischen Studienverlaufsplan erschöpft. Gerade in der heutigen Zeit, in der extrem rechte Gesinnungen demokratische Strukturen bedrohen, wäre eine solide Bildungspolitik so wichtig. Sie allein kann diese Krise zwar nicht lösen, ist auf lange Sicht aber ein essentieller Baustein zur Bekämpfung menschenverachtender Ideologie. Auch durch Angebote, wie Litlog sie ermöglicht, üben sich Studierende in Fähigkeiten, die sonst drohen, hinten über zu fallen. Bei uns kann man lernen, kritisch zu denken und im Austausch mit anderen eigene Denk- und Schreibmuster zu hinterfragen. Und schließlich ist Litlog auch ein Ort, an dem Studierende nicht nur für sich selbst im stillen Kämmerlein schreiben, sondern potentiell für alle, im Gegensatz zur klassischen Hausarbeit, von denen wir an unserer Fakultät besonders viele zu bewältigen haben.

Der Lehrpreis soll »Lehrende in ihrem Engagement für gute Hochschullehre […] bestärken«. Das Ziel ist also: Gute Lehre sichtbar machen. Und das finden wir gut! Aber das unmissverständlichste Zeichen dafür, dass uns gute Lehre wichtig ist, wäre natürlich, Lehre angemessen zu entlohnen sowie Lehrenden und Forschenden eine dauerhafte Perspektive zu bieten. Auch wir, als Teil von Litlog, hoffen, das universitäre und kulturelle Leben in Göttingen noch lange mitgestalten zu können.

Wir bleiben trotzig optimistisch und sagen: Wir sind Helden. Und die sagen: »Entschuldigung, ich sagte: Wir sind gekommen, um zu bleiben!«

Eure Litlog-Redaktion

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